Orcas greifen Pottwale an

Der erste dokumentierte Angriff von Orcas auf Pottwale im Golf von Mexiko!
Orcas sind bekannte Jäger von Pottwalen. Neuere Erkenntnisse legen nahe, dass Angriffe von Schwertwalen dazu beitragen können, dass sich die Sozialstruktur in Pottwal Gruppen ändert.

Im nördlichen Golf von Mexiko werden Pottwale regelmäßig gesichtet und werden als eine genetisch und akustisch eigenständige Population angesehen. Orcas sind wohl regelmäßige Bewohner des nördlichen Teil des Golfs, werden aber nur gelegentlich gesichtet. Das Wissen über ihre Anwesenheit in dieser Region basiert auf wenige Sichtungen und die jüngsten Schätzungen für den nördlichen Golf von Mexiko gehen von rund 30 Tieren aus. Am 13. September 2011 wurde eine länger dauernde Begegnung zwischen Orcas und Pottwalen von einem Schleppnetzboot im nördlichen Golf von Mexiko beobachtet. Eine Familie von fünf Orcas schien dabei eine Gruppe von 19 Pottwalen, darunter zwei Kälber, zu attackieren. Visuelle Beobachtungen und akustische Daten wurden während dieser Interaktion aufgezeichnet die mehr als 4 Stunden dauerte. Es konnten aber keine Verletzungen bei den Pottwalen erkannt werden.

Orcas im Golf von Mexiko sind bereits für Angriffe auf Meeressäuger bekannt, aber es gab bisher keine Berichte über Angriffe auf Pottwale in dieser Region. Obwohl ein tatsächlicher Angriff nicht bestätigt werden konnte, zeigt dieser Fall, dass Schwertwale Pottwale im Golf von Mexiko attackieren und als potentielle Beute ansehen. Insgesamt fünf Orcas wurden in der Nähe der Pottwale gesichtet: ein ausgewachsener Bulle mit einer sehr hohen aufrechten Rückenflosse, zwei ausgewachsene Weibchen oder halbstarke Bullen mit kleinen bis mittelgroßen Rückenflossen, ein ausgewachsenes Weibchen oder halbstarker Bulle mit einer mittelgroßen Rückenflosse und ein kleines Kalb. Alle Orcas hatten schwache, geschlossene Sattelzeichnungen, die denen von in der Karibik beobachteten Tieren ähneln.

Fotos von den Orcas wurden mit denen des National Marine Fisheries Service Katalog für den Golf von Mexiko verglichen. Einer der Wale mit einer kleinen bis mittelgroßen Rückenflosse konnte im Katalog entdeckt werden und wurde zuvor am 8. Juni 1994 und 15. April 2004 im Golf von Mexiko gesichtet. Keiner der anderen Orcas konnte jedoch im Katalog identifiziert werden.

Das dynamischste Verhalten wurde während der nächsten Stunde (14:44-15:54 Uhr) beobachtet. Während dieser Zeit war das Schleppnetz noch abgesenkt, so dass das Schiff sich den Gruppen nicht nähern konnte. Die Interaktionen wurden aber durch einen starken Feldstecher beobachtet und aufgezeichnet. Die Orcas und die Pottwalgruppe waren in dieser Zeit eng beisammen. Die beiden Orcas mit kleinen bis mittelgroßen Rückenflossen wurden am häufigsten zwischen den Pottwalen gesichtet. Sie schwammen mehrfach aggressiv mit hoher Geschwindigkeit in die Gruppe der Pottwale. Einer oder beide dieser Orcas wurden auch beobachtet, wie sie in unmittelbarer Nähe der Pottwale sprangen. Während dieser Zeit blieben die anderen Orcas etwa 200 bis 400 m von der Pottwalgruppe entfernt. Die Pottwale schienen aufgeregt zu sein. Mehrfach veränderten sie rasch ihre Positionen und drehten sich immer wieder auf die Seite. dsc8949-43

Nicht mehr als drei Killerwale wurden in der Mitte der Pottwalgruppe zu einem Zeitpunkt beobachtet. Die meiste Zeit waren es die beiden mit den kleinen bis mittleren Rückenflossen, die mit den Pottwalen agierten und nur gelegentlich nahm auch der Orca mit der mittelgroßen Rückenflosse an diesen Interaktionen teil. Der ausgewachsene Bulle und das Kalb blieben immer etwa 200 bis 400 m von den Pottwalen entfernt. Das nur die kleineren Bullen oder Weibchen an diesen Scheinangriffen teilnahmen deckt sich mit früheren Beobachtungen von Angriffen von Orcas auf Meeressäuger, bei denen die ausgewachsenen Bullen sich nie oder nur ganz am Ende an den Angriffen beteiligten. Die Orcas innerhalb der Pottwalgruppe schwammen regelmäßig etwas weiter weg von den Pottwalen um sich kurz umzugruppieren. Dabei schlug vor allen der große Bulle immer wieder mit der Fluke auf das Wasser. Die 3 Orcas, die am ersten Angriff beteiligt waren, schwammen dicht beisammen, bis sich eines der Tiere erneut den Pottwalen näherte. Dieses Verhalten wurde mehrmals beobachtet, obwohl das Schiff noch weit entfernt war. Dadurch konnte dieses Verhalten auch nicht als direkter Angriff bestätigt werden, da die Beobachter noch zu weit entfernt waren, um direkte oder indirekte Anzeichen von Wunden zu sehen. Daher kann das Verhalten der Killerwale im Einklang mit der sogenannten Wellenangriffsstrategie verglichen werden, die schon 2001 vor der Moro Bay in Kalifornien bei Angriffen von Orcas auf Pottwale beobachtet wurde.

Als das Schleppnetz dann eingeholt war, näherte sich das Schiff langsam und es wurden Foto- und Videoaufnahmen, ebenso wie akustische Aufzeichnungen gemacht. Es wurden insgesamt 19 Pottwale in einer Parallelausrichtung, d.h. nebeneinanderliegend ausgemacht. Zwei der 19 Pottwale waren kleine Kälber (~ 4 m lang) und wurden in der Regel in der Mitte des Clusters positioniert. Der Rest der Pottwale war zwischen 7 und 14 m lang wobei die Mehrheit der Wale etwa 9 bis 11 m lang war. Zwei der kleineren Schwertwale blieben in der Nähe der Pottwale als das Schiff sich näherte. An einer Stelle schwammen ein paar von den Pottwalen sehr schnell zu diesen beiden Orcas, die sich aber durch schnelles Tauchen dieser Annäherung entzogen.

Die akustischen Aufnahmen bestanden aus zahlreichen Codas der Pottwale, während von den Schwertwalen kaum Lautäußerungen gehört wurden. Das offensichtliche Fehlen von Schwertwallauten steht im Einklang mit früheren Studien, dass transiente Orcas lieber passiv hören als durch Echoortung ihre potentielle Beute zu alarmieren. dsc5455-169

Nach etwa 30 Minuten, in denen die Individuen beider Arten an der Oberfläche blieben aber keinen Kontakt mehr hatten, entfernten sich die Schwertwale von der dicht beieinander schwimmenden Pottwalgruppe. Nach mehreren Minuten unter Wasser tauchten sie gemeinsam auf und schwammen schnell davon. Sie wurden nicht mehr gesichtet. Die Pottwale blieben in zwei Untergruppen noch eine Stunde zusammen, nachdem die Schwertwale das Gebiet  verlassen hatten. Sie waren sehr ruhig für etwa 20 Minuten und begannen dann sich wieder mit Codas zu verständigen. Keine offensichtlichen Verletzungen der Pottwale wurden beobachtet, es wurde auch kein Blut oder ölige Substanzen im Wasser um die Wale beobachtet.

Es steht zu vermuten, dass es sich bei der Attacke der Schwertwale um einen Test handelte, ob man vielleicht ein Jungtier oder einen geschwächten Wal von der Gruppe separieren konnte. Damit scheint festzustehen, dass die Orcas im Golf von Mexiko auch Pottwale zu ihrer potentiellen Beute zählen.

Studie von Amy D. Whitt, 1 Melody A. Baran, 1 Maurice Bryson, 2 und Lukas E. Rendell2 1Geo-Marine, Inc., 2201 K Avenue, Suite A2, Plano, TX 75074, USA E-Mail: amy@azuraco.com 2Sea Mammal Research Unit, School of Biology, University of St Andrews, St. Andrews, Fife, KY16 9Ts, UK Aktuelle Zugehörigkeit für Amy D. Whitt und Melody A. Baran: Azura Consulting LLC

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