Riesensturmvögel attackieren Pottwale

Luft und Wasser, zwei Elemente in denen Tiere leben, die unterschiedlicher nicht sein können: Seevögel und Wale.

Viele Gemeinsamkeiten haben sie nicht, doch variiert ihre Beziehung von symbiotisch bis räuberisch.

Nicht, dass die Wale jetzt anfangen Vögel zu fressen …
… nein, die Seevögel sind auf den Geschmack gekommen und attackieren Wale!
Dabei landen sie auf deren Rücken und picken ganze Haut- und Fettstücke heraus.

An zwei Orten dieser Welt hat man dieses Phänomen bereits mit Sorge beobachtet.

Zum einen in Patagonien in der Bucht von Valdes, wo Dominikanermöwen südliche Glattwale (Südkaper) angreifen und nun auch in den antarktischen Gebieten vor Südgeorgien, den Crozet- und den Kerguelen Inseln, wo männliche Pottwale von Riesensturmvögel angegriffen werden.

In die Bucht von Valdes kommen jedes Jahr im Frühjahr die weiblichen Südkaper, um dort ihre Jungen zu gebären und aufzuziehen. Vor einigen Jahren beobachtete man, dass die Dominikanermöwen den Walen folgten und, wenn sie auftauchten, sich auf ihren Rücken niederließen. Zuerst fingen sie an nur die Parasiten von der Haut zu picken, aber dann drangen sie etwas tiefer ein und sind wohl auf den Geschmack gekommen. Seitdem werden die Wale, meistens Babys und Jungtiere, die noch nicht so lange tauchen können wie ihre Mütter, so stark attackiert, dass ihr Rücken übersät ist mit großen, schweren und tiefen Wunden.

Das Picken der Möwen ist schmerzhaft und lästig für die Wale, sodass die Tiere schneller und öfter abtauchen und die Jungtiere nicht ausreichend säugen können. Welche Langzeitschäden die tiefen Wunden haben, ist noch nicht erforscht, aber sie können dazu führen, dass Bakterien in die Haut eindringen und Entzündungen hervorrufen.


Solche Entzündungen (Spondylitis) können sich auch an den Wirbeln festsetzen und enorme Wucherungen verursachen, die dazu führen, dass die Wirbel zusammenwachsen und der Wal dadurch nicht mehr richtig abtauchen kann. 

Fortgeschrittene Spondiylitis

Die Folge ist: Tod durch Verhungern!

Nun haben Forscher der „Bay Cetology“, in Alert Bay, BC Canada, und vom „Muséum national d’histoire naturelle“ in Paris, Frankreich, das gleiche Phänomen bei Riesensturmvögeln und männlichen Pottwalen beobachtet.

Die Riesensturmvögel haben unter anderem ihre Brutgebiete auf Südgeorgien, den Prinz-Edward-Inseln, den Crozet- und den Kerguelen Inseln, sowie auf der antarktischen Halbinsel.

Alle Jäger treffen aufeinander

Genau in diesen Gebieten findet jedoch die kommerzielle Langleinen-Fischerei auf den schwarzen Seehecht statt. Er ist ein Vertreter der Antarktisdorsche mit einer Länge von etwa 70 cm. Sie leben in Tiefen von 50 bis 3000 Meter, in der Regel jedoch bis etwa 1500 Metern. Das ist auch der Grund, warum die Fischer den schwarzen Seehecht mit Langleinen angeln.

Das wiederum haben sich die dort lebenden Schwertwale und die männlichen Pottwale zu Nutze gemacht, indem sie den Fischern die Beute von den Langleinen rauben.
Dabei treffen sie nun auf die dort lebenden Riesensturmvögel, die ebenfalls die Fischerboote in Schwärmen umkreisen.

In den Jahren 1997 bis 2019 haben die Forscher mehrfach fotografisch dokumentiert, dass einzelne Riesensturmvögel die Pottwale angriffen und Fleischstücke heraus hackten. Sie landeten dabei entweder direkt auf dem Rücken der Wale, wenn diese auftauchten, oder in der Nähe des Walkörpers auf dem Wasser und schwammen dann auf sie zu.
Dabei wurde beobachtet, dass nur einzelne Vögel die Pottwale jagten. Meistens handelte es sich um junge unreife Sturmvögel, während ein erwachsener Vogel nur gelegentlich zu sehen war. 

Ungesunde Reaktionen der Meeres-Riesen

Die Reaktionen der Pottwale wurden von den Forschern mit absinken, zucken, wölben des Rückens, rollen und sofortigem Abtauchen beschrieben. Durch das sofortige Abtauchen nach einem Tieftauchgang kann der Pottwal jedoch erheblichen Schaden nehmen, da er nicht genügend Zeit hat, seinen Sauerstoffspeicher beim Atmen an der Oberfläche wieder ausreichend aufzufüllen.

Seit der Entwicklung der kommerziellen Langleinen-Fischerei in diesen Gebieten in den 1990 Jahren, ist die Population der Riesensturmvögel in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet gewachsen. Bedingt durch das große Futterangebot des schwarzen Seehechtes an den Langleinen, wenn die von den Fischern herausgezogen werden. Eine einfache Art der Futterbeschaffung.

Auch die Zahlen der männlichen Pottwale sind seit dieser Zeit in dem Gebiet ansteigend. 

Der Wettbewerb um das Futter zwischen den Riesensturmvögeln und den Pottwalen nimmt seinen Lauf. Wer wird der Gewinner sein …?

Die gesamte Studie der Forscher Jared R. Towers und Nicolas Gasco finden sie unter:
Giant petrels (Macronectes spp.) prey on depredating sperm whales (Physeter macrocephalus)

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  • Pottwale - Im dunklen Blau des Meeres
  • Wale Hautnah - Das Buch
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