Walfang international

Auch heute noch werden jedes Jahr zahlreiche Wale und Delfine getötet. Sei es als ungewollter Beifang in der Fischerei oder durch gezielte Jagd. Entgegen der verbreiteten Annahme eines generellen Verbotes, kann diese allerdings durchaus legitim sein. Denn nur 11 Walarten werden durch die IWC, die Internationale Walfangkommission, verwaltet.

Die massive Waljagd im 19. und 20. Jahrhundert ließ die  Bestände vieler Walarten dramatisch sinken. Seit 1931 versuchte man, die vollständige Ausrottung der begehrten Meeresriesen zu verhindern. Die zahlreichen Absprachen erwiesen sich jedoch in der Praxis als unzureichend. Im Jahre 1946 wurde endlich die „Konvention zur Regelung des Walfangs“ ins Leben gerufen, die zur Umsetzung ihrer Ziele die Internationale Walfangkommission (IWC) gründete.  Ziel war es nicht etwa den Walfang zu verbieten, sondern dafür Sorge zu tragen, dass die verbliebenen Großwale den Walfangnationen in solchen Quoten zugeteilt werden, dass ein „überlebensfähiger Bestand“ erhalten bleibt. Dieses minimale Ziel konnte aber durch die unterschiedlichsten Interessenlagen der Mitgliedsländer und unzureichende Überwachungs- und Eingreifmöglichkeiten seitens der IWC zu keiner Zeit auch nur annähernd erreicht werden.
Erst 1982 schaffte man einen Durchbruch zum Walschutz: ein Moratorium für den kommerziellen Walfang, das den Walfang für 10 Jahre aussetzte und 1986 endlich in Kraft trat. Dieses Moratorium wurde inzwischen auf unbestimmte Zeit verlängert, da sich eine Erholung der Walbestände im Sinne der Walfangnationen bis heute nicht abzeichnet.

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Die meisten Länder halten sich daher an das Walfangverbot. In der EU ist er ohnehin verboten. Norwegen und Russland dagegen legten fristgerecht Einspruch ein und sind daher rein juristisch nicht an das Moratorium gebunden. Japans Einspruch scheiterte am massiven Druck der USA, die mit einem Handelskrieg drohten. Daher nutzten die Japaner bisher den Deckmantel der „Wissenschaft“, für die das Töten der Meeresriesen auch weiterhin erlaubt ist. Island trat 1989 aus der IWC aus – und wurde im Oktober 2002 wieder aufgenommen. Zunächst jagte man ebenfalls unter dem Deckmantel „wissenschaftlicher Forschung“.
Seit 2006 werden aber Zwerg- und Finnwale offen für kommerzielle Zwecke gejagt, wobei man sich dabei auf einen früheren formaljuristischen Einspruch beruft. Bei unseren Reisen nach Norwegen, Island, Grönland und die Färöer Inseln konnten wir uns selbst überzeugen, was dieser Walfang bedeutet.
Eines unserer Ziele in Norwegen war die Stadt Bergen. Auf dem berühmten Fischmarkt im Hafen konnten wir schnell feststellen, dass auf diesem Markt mehr Walfleisch als Fisch angeboten wird. Jeder Stand hatte Walfleisch im Angebot. Entweder als Salami verarbeitet, als Steak mit Pfefferkruste, als ganzes Menü mit Kartoffeln und Salat oder mal ganz anders in Fastfood als Walburger. An jedem Stand wurde das Walfleisch kostenlos in kleinen Stücken jedem Touristen angeboten, damit er einmal Wal probieren konnte. Nun muss man wissen, dass die Stadt Bergen täglich von mehreren Kreuzfahrtschiffen angelaufen wird. Auch bei unserer Ankunft lagen 4 Kreuzfahrtschiffe im Hafen. Da der Fischmarkt in Bergen als touristisches Highlight angeboten wird, besuchen entsprechend viele Touristen diesen Markt.

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Mit Bestürzung sahen wir, dass viele Touristen das Walfleisch probierten. Auch nachdem wir einige der Besucher darauf ansprachen, ob es ihnen bewusst ist das sie gerade ein Stück Wal im Mund haben, bekamen wir nur die lapidare Antwort: „Aber der ist doch sowieso schon Tod, und ich wollte immer schon einmal Wal probieren.“
An einem weiteren Stand hörten wir wie eine Verkäuferin drei Japanern versicherte, dass das Walfleisch von Walen stamme die nicht gefährdet seien und man dieses bedenkenlos kaufen kann. Sie könnte es auch einschweißen, dann hält es sich länger und sie könnten es mitnehmen. Das Problem für die Zukunft ist jedoch, dass immer mehr Touristen durch den Kreuzfahrtenboom nach Bergen kommen werden und das Walfleisch dort zum Probieren kostenlos angeboten wird.
Natürlich regelt auch hier das Angebot die Nachfrage. Wenn wir als Touristen nicht so vernünftig sind, dieses Angebot entschieden abzulehnen, wird in Zukunft immer mehr Walfleisch auf den Tellern landen.
Lesen Sie hierzu auch unseren Reisebericht: Walfleisch Verzehr in Norwegen und Grönland
Doch nicht nur in Norwegen sahen wir mit Sorge in die Zukunft der Wale. Auch in Grönland ist es inzwischen an der Tagesordnung, den Touristen Walfleisch anzubieten. In allen Supermärkten, die wir besuchten, fanden wir Walfleisch vom Buckelwal, Narwal und Finnwal.

Dazu kommt noch, dass Kreuzfahrtschiffe Ausflüge in Restaurants anbieten, mit dem Titel: „Grönland schmecken“ oder ähnlich.

Dies wird von den örtlichen Agenturen organisiert. Dabei stehen typisch grönländische Spezialitäten auf dem Speiseplan und natürlich auch Walfleisch.

In Reykjavik, der Hauptstadt Islands, ist die Situation sogar so makaber, dass sich direkt am Anfang der Pier, von dem die Walbeobachtungsboote mit den Touristen starten, ein Restaurant befindet, das Walsteaks ganz oben auf der Speisekarte führt.

Wir fanden noch weitere Restaurants in der näheren Umgebung, die das Fleisch von Walen in diversen Zubereitungsmethoden anboten. Verantwortlich dafür ist nur ein einziges Unternehmen des Fisch- und Walfängers Kristjan Loftsson. Er eröffnete soeben, mit Billigung der Regierung, für 2015 die neue Jagdsaison und will bis Herbst 154 der stark gefährdeten Finnwale erlegen.

Auch auf den Faröer Inseln, die jedes Jahr durch die Jagd auf Grindwale in die Schlagzeilen geraten, brauchten wir nicht lange zu suchen. Direkt im Hafen der Hauptstadt Torshavn gibt es Marktstände, die frisches Grindwalfleisch anbieten. Auch in Restaurants steht es vielfach auf der Speisekarte …

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… und das, obwohl die Jäger immer wieder gebetsmühlenartig verkünden, dass die Wale nur zum Eigenbedarf gejagt werden und nicht zu kommerziellen Zwecken.

Seit 2015 dürfen allerdings nur noch lizensierte Bewohner der Faröer Inseln Grindwale töten. Ungefähr 2300 Färinger haben  bereits in speziellen Kursen diese Lizenz erworben.

Auf einer Homepage der Faröer Inseln namens Whaling.fo  (Whales and Whaling in the Faroe Island) erklären die Färinger, warum sie Grindwale töten und seit wann sie das tun.

Da Japan also in der IWC keinen Widerspruch gegen das Maratorium einlegen konnte, nutzte es die Ausnahme des „wissenschaftlich begründeten Walfangs“ und erlegt seitdem tausende von Walen im Rahmen des „Forschungsprogrammes“ JARPA II.

Der Internationale Gerichtshof (IGH) allerdings urteilte im März 2014, dass dieses Walfangprogramm illegal sei. Daraufhin legte Japan im November 2014 einen neuen Programmentwurf nach, bei dem ab Ende 2015 bis zu 333 Zwergwale pro Jahr getötet werden sollen. Nun wurde aber beim letztjährigen Treffen der IWC eine Resolution verabschiedet, dass keine weiteren Sondergenehmigungen im Rahmen der bestehenden Forschungsprogramme oder neuer Programme erteilt werden dürfen. Erst wenn das IGH Urteil vollständig bewertet ist, können wieder Anträge gestellt werden, die dann auf die Einhaltung der festgelegten Kriterien überprüft werden müssen.

Ob Japan nach dem Walfangverbot im Südpazifik durch den IGH nun verstärkt Walfleisch aus Island, Grönland oder Norwegen bezieht oder selbst in anderen Teilen der Welt jagt, die nicht von dem Urteil betroffen sind bleibt also erstmal abzuwarten.

Neben dem kommerziellen Walfang der Norweger, Isländer und Grönländer, dem „wissenschaftlichen“ Walfang der Japaner und dem Quotenfang einiger indigener Völker, unterliegen Delfine und Kleinwale keiner IWC-Regelung. Der Fang und die kommerzielle Verwertung sind somit erlaubt, wenn keine nationalen oder internationalen Regelungen dagegen stehen.

Von dieser Möglichkeit wird weltweit reger Gebrauch gemacht. So sterben jedes Jahr neben den „regulierten“ Großwalen auch viele tausend Kleinwale und Delfine. Dazu kommen noch die hunderttausende Delfine, für die die Ringwadennetze der Tunfischfänger oder die kilometerlangen Treibnetze zum Verhängnis werden.

Nach einem Bericht der High North Allianz, einer pro Walfang Organisation aus Norwegen und damit unverdächtig, zu hohe Zahlen zu nennen, werden aktuell folgende Walarten bejagt:

Von der IWC verwaltete Wale:
Grönlandwale, Bryde’s Wale, Finnwale, Buckelwale, Grauwale, Zwergwale und Pottwale.
Dazu kommt eine hohe Anzahl von nicht „IWC-Walen“:
Belugas, Narwale, Grindwale, Zwergschwertwale, Schweinswale und verschiedene Delfinarten.

Das alles zeigt, dass der Walfang auch heute noch lange nicht vorbei ist. Des Menschen Profitgier erlaubt es eben, nicht zu ruhen, bis auch der letzte Wal erlegt ist!

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