Aus dem Buch „Pottwale – im dunklen Blau des Meeres"

Auszug aus dem Kapitel: Hautnah

Die Haut

Das Wunderwerk Haut ist wie beim Menschen auch, ein wahres Multitalent. Es schützt, temperiert, reguliert und fühlt.

Bei uns Menschen befindet sich in der hauchdünnen Oberhaut (Epidermis), die im Schnitt nur ein Zehntel Millimeter dick ist, das dunkle Hautpigment Melanin, welches wir zum Schutz vor Sonnenbrand brauchen. In unserer darunter liegenden Lederhaut (Dermis) nehmen wir die Empfindungen für Schmerz, Druck, Kälte und Wärme war. Neben den vielen Nervenenden sitzen hier auch Blutgefäße, Talgdrüsen sowie etwa drei Millionen Schweißdrüsen, die für die richtige Körpertemperatur des Körpers sorgen. 

Das unter unserer Lederhaut liegende Unterhautfettgewebe polstert den Körper und bildet Fettspeicher für Notzeiten.

Der Aufbau unserer menschlichen Haut lässt sich größtenteils mit der Walhaut vergleichen, allerdings mit einer sehr großen Ausnahme. Wir Menschen besitzen in unserer Haut Schweißdrüsen, die ein Wal natürlich nicht besitzt, denn seine Haut muss absolut wasserdicht sein. Auch bei der Walhaut hat die Natur ein Wunderwerk vollbracht, denn diese Haut musste speziell an ein Leben im Wasser angepasst werden.

Querschnitt durch die Walhaut © Behrmann

Wie bei uns Menschen besteht die Walhaut aus einer Oberhaut, Lederhaut und Fettpolstern. Die gummiartige dunkle Oberhaut (Epidermis), wird beim Wal allerdings bis zu 5mm dick und wirkt sehr dunkel, da hier die Melaninkörnchen (Farbkörner) sehr dicht zusammenliegen.
Die darunter liegende Lederhaut (Dermis), ist mit der Oberhaut nagelförmig verbunden und besteht aus straffem, weitmaschigem Bindegewebe und enthält viele kleine Fettkammern, in denen laufend Fett produziert wird. Diese sind jedoch nicht zu verwechseln mit den tiefer liegenden Fettzellen des Walspecks oder Blubbers.
Das produzierte Fett aus den Fettkammern der Lederhaut dringt dann durch Poren in die obere Haut. Dort eingebettet werden sie mit herauswachsenden Zellen zur Oberfläche befördert. An der Hautoberfläche zersetzt sich die äußere Zellschicht und das Zellplasma wird freigesetzt, welches wiederum Wasser aufnimmt und aufquillt. Gemeinsam mit dem Inhalt der Fettzellen entsteht nun auf der Hautoberfläche die wasserabweisende schützende Gleitschicht.

Die Lederhaut der Wale ist, trotz ihrer Fettzellen, sehr dünn und weitmaschig. Aus diesem Grunde kann eine Walhaut niemals gegerbt werden.

Nur die Lederhaut an den Finnen und Fluken ist stabiler und somit belastbarer. 

Die Lederhaut ist wie die Oberhaut von vielen Nervenenden und dünnen Blutgefäßen durchzogen. Sie enthält jedoch keine Farbkörper, wodurch sie farblos erscheint und sie geht unsichtbar in die Speckschicht  (Blubber) über.

Diese dicke Speckschicht, die 5 – 50 cm dick sein kann, dient zum Einen der Regulierung der Körpertemperatur und zum Anderen als Fettreserve, von der ein Wal in Hungerzeiten leben muss.

Temperatur

Wale sind Warmblüter und müssen ihre Körpertemperatur wie wir Menschen, immer gleichmäßig auf etwa 36 o C halten, was durch ihre umfangreichen Aktivitäten sehr kompliziert ist.

Die Wassertemperatur kann in den Tropen bis zu 30o C  betragen. Hier hat der Wal mit Wärmeüberschüssen zu kämpfen, die durch schwimmen, springen oder Paarungsaktivitäten noch verstärkt werden. Taucht er nun ab zur Nahrungssuche, erreicht er Tiefen, in denen die Wassertemperatur nur noch 2o C beträgt. Da er sich hier eine halbe Stunde und länger aufhalten kann, wird dem Körper sehr viel Wärme entzogen.

Befindet er sich in arktischen Gewässern, entsteht allein durch das Atmen schon ein erheblicher Wärmeverlust.

Wale können sich nicht bei Kälte zusammenrollen, um die Wärme zu halten und sie können wegen fehlender Schweißdrüsen auch nicht schwitzen, um überschüssige Wärme abzugeben.  

Um all dies auszugleichen, hat der Wal mehrere Möglichkeiten entwickelt, die Überhitzung oder Unterkühlung zu verhindern.

Eine Art der Wärmegewinnung ist die Verarbeitung der Nahrung. Beim Verdauen findet ein chemischer Prozess statt. Die Nahrung wird in ihre Bestandteile zerlegt und dabei wird Wärme freigesetzt. Fische, die sehr viel Eiweiß enthalten, geben dabei 40% mehr Wärme ab als Fette und Kohlenhydrate. Der Pottwal, der sich hauptsächlich von Fischen und Kalmaren ernährt, kann diese aus den Proteinen gewonnene Wärme verwenden, um in kälteren Gewässern seine Körpertemperatur zu halten. Männliche Pottwale, die auf Wanderschaft sind, hören vielleicht deshalb auch auf zu fressen, wenn sie wärmere Gewässer erreichen, da sie die überschüssige kalorische Wärme in den Tropen wieder verarbeiten und abgeben müssen. Während ihren Wanderungen zehren sie von ihrem angelagerten Speck. Durch die Kombination von Nahrungsaufnahme in den Polarmeeren und vom Fasten in den Tropen können sie so ihre Temperatur sehr wirksam regulieren.

Bei dieser Art der Wärmeregulierung ist aber auch die Körpergröße von entscheidender Bedeutung, denn die Körperwärme eines Tieres steht auch in einem bestimmten Verhältnis zur Körpergröße. Je geringer die Größe eines Tieres, desto größer der Bedarf an Wärme. Je größer der Körper, desto geringer der Bedarf an Stoffwechselwärme je Kilogramm. Das beste Beispiel geben uns hier die Spitzmaus und der Elefant. Die winzige Spitzmaus verbrennt Energie so schnell, dass sie täglich das doppelte ihres Körpergewichts zu sich nehmen muss, während der Verbrennungsprozess beim Elefanten sehr langsam ist und er deshalb nur täglich 4% seines Körpergewichts an Nahrung braucht.  Unsere noch größeren Pottwale nehmen nur noch 3%  des Körpergewichts an Nahrung zu sich.

Pottwalfluke © Steffen

Effektiver als die Wärmegewinnung durch die Nahrung ist jedoch die Wärmeregulierung durch den Blutkreislauf. Die dicke Speckschicht, welche die Muskeln und inneren Organe isoliert, ist mit vielen Blutgefäßen durchzogen. Durch Verengung oder Erweiterung der Blutgefäße kann der Wal die Blutzirkulation steuern. Die Hitze in den Arterien wird durch Zirkulation auf die äußeren Venen in den Flossen, die nicht mit der isolierten Speckschicht überzogen sind, übertragen und kühlt dabei ab. Das kühle Blut, das aus den Flossen zurückströmt, wird in Kontakt mit frischem arteriellem Blut aufgewärmt und so entsteht der Wärmeaustausch.

Bei den großen Walarten ist die Körpertemperatur- Regulierung etwas schwieriger als bei kleineren Arten oder Delfinen, denn die Speckschicht nimmt proportional zur Körperlänge des Tieres zu. Da Wale bis zu zehnmal länger werden können als Delfine, wird ihre Speckschicht auch zehnmal dicker und ihre Wärmeisolierung nimmt entsprechend zu. Sie sind, was die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur angeht, damit im Vorteil, aber im Nachteil, wenn sie sich abkühlen möchten. Kleinere Arten und Delfine mit dünnerer Speckschicht, können sich der überschüssigen Wärme viel besser entledigen.

„Ausschwitzen“ können die Wale oder Delfine ihre überschüssige Wärme nicht, da Ihre Haut absolut wasserdicht sein muss. Sie ist ihrem Lebenselement perfekt angepasst. Die Haut muss den Wal vor dem Aufweichen durch das Salzwasser und vor Verlust der körpereigenen Flüssigkeit schützen. Das ist auch der Grund, warum sie keine offenen Poren in der Haut haben durch die ein Wasseraustausch stattfindet. Wenn die Wale aber einmal ihr Element Wasser, wie z.B. bei Strandungen verlassen, ist ihre Haut gnadenlos der Sonne ausgeliefert. Sie trocknet schnell aus, wird rissig und verbrennt sofort. Die Wale bekommen einen Sonnenbrand. Das ist  auch der Grund, warum man lebend gestrandete Tiere immer mit Wasser bespritzen muss oder sie mit feuchten Tüchern bedecken sollte.

Farbe

Farbzellen aus der Haut von Zahnwalen © Behrmann

Bei unseren Recherchen über die Walhaut interessierte uns jedoch nicht nur ihr Aufbau, sondern auch die Frage, warum manche Wale sehr bunt aussehen und manche wiederum einheitlich grau oder braun gefärbt sind. Auch hier spielt die Haut wieder eine wichtige Rolle.

Die dunkle Farbe der Haut entsteht durch Anreicherung mit dunkelbraunen Melaninkörnchen (Melanosomen), die von speziellen Zellen, den Melanozyten,  produziert werden. Durch Einlagerung dieser  dunkelbraunen Melanosomen in der bis zu 5 mm dicken Oberhaut, erscheint diese Hautregion somit dunkel.

Zum Bauch hin verringert sich die Produktion von Melanosomen und bei vielen Walarten werden in der Hautregion des Bauches überhaupt keine mehr gebildet, sodass die Bauchseite immer heller erscheint.

Die bunten Farben entstehen in Farbzellen (Chromatozyten) und werden auf Farbträger (Chromatophoren) gelagert. Durch die Überlagerung der Pigmente entstehen somit die unterschiedlichsten Farbtöne.

Allerdings kommt das strahlende Weiß einiger Wale wie z.B. der Weißwale, die großen weißen Flanken der Schwertwale oder die hellen Bauchseiten der Bartenwale, von Harnsäurekristallen aus dem Urin zustande, die sich in der Haut einlagern.

Echte Albinos sind bei den Walen extrem selten. Selbst für den weißen Pottwal „Moby Dick“ hat die Wissenschaft  eine andere Erklärung. Bei vielen Walen wurde beobachtet, dass größere Flächen der Haut abgestreift werden. Wo dies nicht geschieht, verhornt die Haut.

Weil die verhornten Hautzellen (Keratinozyten) die dunkle Haut verdecken, erscheint der Wal weiß.

Die Farbe der Wale kann auch je nach Alter noch erheblich variieren. Die weiße Farbe z.B. bei den Weißwalen (Belugas) kennzeichnet das Endstadium des Wachstums und der Hautentwicklung.

Das Jungtier dagegen hat eine sehr dunkle Farbe und es durchläuft mehrere Zwischenstadien, bevor es im Alter weiß wird.  Es gibt aber noch andere Arten, die im Alter ebenfalls ihre Färbung verändern.

Bei den gefleckten Delfinen zeigen die Jungtiere bei der Geburt noch gar keine Flecken und erst im Wachstum werden die unterschiedlichen pigmentierten Flecken sichtbar. 

Blauwal Farben © Behrmann

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