Der Dicke unter den Walen

Was für uns Menschen als ungesund erscheint, ist für den Glattwal überlebenswichtig. Jeder Wal hat eine Speckschicht die man „Blubber“ nennt und ihn z.B. vor Kälte schützt. Bei den meisten Walen ist diese Speckschicht 5 – 10 cm dick. Beim Glattwal können es auch schon einmal 20 – 40 cm sein und der Fettanteil beträgt dabei 40 % seines gesamten Körpergewichtes. Kein anderer Wal hat so einen hohen Anteil an Fett. 

Trotz dieses beeindruckenden Fettpolsters ernährt der Glattwal sich nicht von fettiger Nahrung sondern, wie alle Bartenwale, filtert er Zooplankton aber auch kleine Ruderfußkrebse aus dem Wasser. Wissenschaftler schätzen, dass der Nordkaper zwischen 1500 und 2000 kg an Zooplankton pro Tag benötigt.

Südlicher und nördlicher Glattwal

Familie: Balaenidae
Südlicher Glattwal: Eubalaena australis
Nördlicher Glattwal: Eubalaena glacialis

Der Glattwal ist nicht nur dick, sondern er hat auch mit die längsten Barten im Tierreich.
Beim nördlichen Glattwal können sie eine Länge von  2,50  Metern erreichen.

Der Glattwal hat übrigens seinen Namen weil er einen glatten Rücken ohne eine Rückenfinne hat und weil er nicht über lang gezogene Furchen (Falten) am Unterkiefer wie z.B. der Blauwal, Buckelwal oder andere Bartenwale verfügt.

Sein Kopf  ist groß und massig; er macht mehr als ein Viertel des Gesamtkörpers aus. Seine Unterlippe ist dabei sehr hochgezogen und der Oberkiefer ist stark gebogen

Der Vorderkopf weist eine oder mehrere hornige Auswüchse auf, die von vielen Parasiten wie Seepocken, Walläusen und anderen Krebstieren befallen sind. Sie sind dann auch von weitem wie ausgedehnte weiße Flecken zu erkennen.

Besonders dicht ist dieser Bewuchs auf der Stirn, wo die Parasiten eine regelrechte weiße Mütze bilden. Auch an den Seiten  sind diese Auswucherungen deutlich zu sehen. Man könnte meinen er hätte dicke Pausbacken.

Diese Schwielen existieren schon bei Kälbern, nur noch nicht so weit ausgeprägt und mit Parasiten bedeckt wie bei erwachsenen Tieren. Dies deutet auf einen genetischen Ursprung hin und sie werden mit zunehmenden Alter immer größer.

Diese Schwielen sind bei den männlichen Tieren sogar noch ausgeprägter als bei den weiblichen und man kann sogar darauf einzelne Haare erkennen. 

Es gibt aber noch ein anderes sehr charakteristisches Merkmal des Glattwals.

Es ist seine Ausatemluft: „der Blas“!

Er bläst seine komprimierte Ausatemluft durch seine zwei Blaslöcher wie ein V in die Luft.
Anhand dieses V-förmigen Blases kann man Glattwale sehr gut von anderen Walen auf dem offenen Meer unterscheiden.

Die südlichen und nördlichen Glattwale werden in drei Unterarten eingeteilt. Das sind zum einem die Nördlichen Pazifischen Nordkaper, die Nördlichen Atlantischen Nordkaper und der Südliche Glattwal auch Südkaper genannt. Im englischen heißen sie übrigens Right Whale. Also der richtige Wal, weil es in den Zeiten des aktiven Walfanges der richtige Wal zum jagen war, denn er schwimmt sehr langsam (gerade mal an die 3 km/h), er war so zahlreich und aufgrund seines hohen Fettgehaltes ging er nicht unter, nachdem er getötet wurde, sondern schwamm weiter an der Oberfläche und musste nur eingesammelt werden. 

Früher wurden diese drei Arten als eine Art betrachtet, aber durch heutige DNA-Untersuchungen weiß man, dass es sich um drei unterschiedliche Arten handelt.

Südkaper lassen sich wunderbar in Südafrika in der Walker Bucht vor Hermanus beobachten aber noch schöner und vor allem viel ruhiger kann man dies in Argentinien, besser gesagt in Patagonien in der Bucht von Valdes. 

Denn hierher ziehen die schwangeren Weibchen und bringen nach einer Tragzeit von ca. 1 Jahr ihre Babys in diesen geschützten  Buchten zur Welt. Hier sind sie sicher vor Räubern wie z.B. den Orcas, die dann auch schon entlang der Küste auf diese kleinen Leckerbissen warten. 

Die letzte Zählung der Wale hat ergeben, dass sich bis zu 1 000 Tiere in den beiden Buchten der Halbinsel Valdes aufhalten können.

Die Babys sind bei der Geburt ungefähr 5 – 6 Meter groß, was etwa ein Drittel der Körperlänge der Mutter entspricht.
Die Babys können ausgesprochen neugierig sein  und suchen  auch schon einmal die Nähe von Booten. Das Baby wird ungefähr 4 – 6 Monate gesäugt und wegen der sehr fetthaltige Milch, kann es bis zu 3 cm am Tag wachsen.

Die Jungen sieht man auch sehr häufig aus dem Wasser springen und das machen sie auch mit großer Leidenschaft. Manchmal bis zu 10 mal hintereinander. Wir haben beobachtet, dass die Kälber dabei fast immer alleine an der Oberfläche waren. Die Mutter war nirgends zu sehen. Dann begann der Kleine mehrfach zu springen und tatsächlich dauerte es keine 5 Minuten bis die Mutter auftauchte. 
Es hat den Anschein, der Kleine wollte die Mutter animieren, an die Oberfläche zurück zu kommen.

Die Bindung zwischen der Mutter und dem Kalb ist sehr intensiv und wir konnten eine Zärtlichkeit zwischen den beiden beobachten, die wir so intensiv noch bei keinem anderen Wal gesehen haben. Die Mutter legt sich dazu minutenlang auf den Rücken und das Kleine versucht auf ihren Bauch zu klettern und die Mutter nimmt ihr Junges mit  ihren beiden  recht großen Seitenflossen regelrecht in die Arme. 

Doch dieses Kuschelvergnügen hat auch seine Schattenseiten, denn Vögel nutzen dieses ruhige Verhalten aus, z.B. beim Säugen des Jungtieres, um sich auf den Walen niederzulassen.

Sie benutzten diesen nicht als Ruheinsel sondern leider als Nahrungsquelle. Seit einigen Jahren haben sich nämlich in der Bucht von Valdes die Dominikaner Möwen auf Walfleisch spezialisiert. Zuerst begannen sie nur die Parasiten von der Haut zu picken aber mit der Zeit kamen sie auf den Geschmack von Walfleisch.

Und so begannen sie dicke Fleischstücke aus dem Wal herauszupicken. Mittlerweile sind sie eine sehr große Plage für die Wale, da die Möwen den Walen regelrechte große runde Wunden zufügen. Hauptsächlich davon betroffen sind die Jungtiere, die noch nicht so lange mit der Mutter abtauchen können oder auch die Mütter selber, wenn sie mit ihren Kälbern an der Oberfläche sind, damit das Baby säugen kann. 

Welche Langzeitschäden das haben wird, ist nicht bekannt. Was wir aber wissen ist, dass Verletzungen der Haut auch zum Tode eines Wals führen können, z. B. durch Bakterien, die in die Haut eindringen und somit schwere Entzündungen an den Knochen hervorrufen.

Leider ist uns der Anblick toter Tiere in der Bucht von Valdes auch  nicht erspart geblieben. Alleine an drei Tagen sahen wir zwei tote Tiere, z.B. dieses ganz junge weibliche Kalb, welches anhand des Genitalschlitzes und den beiden Säugeschlitzen rechts und links davon,  als weibliches Tier gut zu erkennen ist. 

Südkaper  haben eine relativ dunkle Haut. Sie sind meistens hellbraun bis schwarz mit einigen kleinen weißen Flecken. Manchmal gibt es auch ein kleines Naturwunder, denn man kann vereinzelt fast weiße Kälber beobachten, die aber definitiv keine Albinos sind. 

Sie haben eine sehr ausgeprägte weiße Pigmentierung  mit einigen schwarzen Flecken. Und diese Pigmentierung hält sich dann auch bis zum Erwachsenenalter, was man anhand der eindrucksvollen hellen Fluke eines erwachsenen Tieres sehr gut erkennen kann. 

In die Bucht von Valdes kommen nicht nur Mütter und Kälber, sondern auch einige Bullen, um sich mit den Weibchen zu paaren.  Die Bullen werden nicht so groß wie die weiblichen Tiere, haben aber trotzdem einen beeindruckenden Rekord. 

Der männliche Glattwal  soll in der Tierwelt die größten Hoden haben, mit jeweils einem Gewicht von 500 kg.  Sie machen somit ca. 2 % seines gesamten Körpergewichtes aus und bei einem Samenerguß sollen bis zu 20 Liter Sperma freigesetzt werden. Das haben wir nicht aus eigener Beobachtung erfahren, sondern durch eine Recherche, die von den alten Walfängern stammt, als diese Wale noch aktiv gejagt wurden.

  Sämtliche Bilder unterliegen dem Copyright von A. + W. Steffen

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