Warum stranden wale immer wieder?

Diese Frage haben sich sicherlich viele Menschen gestellt, nach dem innerhalb kürzester Zeit 29 Pottwale  im Januar  und Februar 2016 an der Deutschen-, Holländischen, Französischen und der Küste Großbritanniens gestrandet sind.

  • 09.01.2016 | Zwei männliche Pottwale auf einer Sandbank am Ostzipfel der Insel Wangerooge. Das eine Tier hatte eine Länge von 11,80 Meter und das andere Tier wurde mit 12,70 Meter vermessen.
  • 12.01.2016 | Zwei männliche Pottwale vor der Insel Helgoland. Einer wurde zwischen Düne und Felsen entdeckt und der andere nordöstlich der Insel.
  • 12.01.2016 | Fünf männliche Pottwale, die Anfangs noch lebten , am Strand auf der Insel Texel in Holland. Alle fünf Wale sind jedoch nach kurzer Zeit verstorben.
  • 13.01.2016 | Ein männlicher Pottwal vor Büsum, sowie ein männlicher Pottwal vor der Vogelinsel Trischen Kreis Dittmarschen und ein männlicher Pottwal in der Wesermündung auf einer Sandbank Leuchtfeuer Eversand.
  • 14.01.2016 | Ein weiterer männliche Pottwal auf der Insel Texel in Holland vor Waddeneiland
  • 23.01.2016 – 25.01.2016 | 5 männliche Pottwale an der Küste Großbritanniens
  • 31.01.2016 | 8 Kadaver von männlichen Pottwalen stranden im Wattenmeer vor Dithmarschen
  • 03.02.2016 | 2 tote männliche Pottwale auf einer Sandbank nordwestlich von Büsum
  • 03.02.2016 | 1 toter männlicher Pottwal an der Küste Frankreichs la plage des Hemmes de Marck dans le Pas-de-Calais.
  • 04.02.2016 | 1 männlicher Pottwal der noch lebte gestrandet in Großbritannien an der Küste zwischen Hunstanton und Holme next the Sea.

Ein Einzelfall? Sicher nicht, denn Walstrandungen hat es schon immer gegeben, aber warum gibt es in jüngster Zeit so viele? Sind es wirklich mehr als früher oder nehmen wir sie nur häufiger durch die modernen Medien zur Kenntnis? Bereits bei unseren Recherchen zu unserem ersten Buch „Pottwale-im dunklen Blau des Meeres“ stießen wir auf alte Dokumente und Stiche, in denen von gestrandeten Walen an unseren Küsten die Rede ist. Und diese Strandungen wurden auch vielfach illustriert.

Seit es Wale gibt, können wir auch weltweit von Strandungen ausgehen. So hat man in einer Sandwüste in den Anden 2 000 Meter über dem heutigen Meeresspiegel gut erhaltene Walüberreste aus dem Miozän gefunden. Auch in Deutschland hat man Überreste von Vorfahren der heutigen Wale und Delfine gefunden.

Pottwale gehören zur großen Ordnung der Zahnwale. Zur Orientierung und zum Auffinden der Beute benutzen sie die Echolokation. Laute werden ausgesandt und aus der Dauer, der Stärke und der Richtung der zurückkehrenden Schallwellen können die Tiere sich ein Bild der Umgebung machen. Daher ist die Navigation im flachen Wasser für diese Art besonders schwierig. Tatsächlich haben Strände und Sandbänke an denen sie verenden gewisse Ähnlichkeiten. Der Grund fällt meist sanft ab und es befinden sich Landzungen oder Inseln in der Nähe, die ihnen möglicherweise ein falsches Bild von der tatsächlichen Umgebung vermitteln.

Mit Hilfe von Modellen solcher Küstenabschnitte konnten Wissenschaftler in einer Studie nachweisen, dass die zurückgeworfenen Echos den Walen eine viel größere Entfernung anzeigen würden, als tatsächlich der Fall war. Da die flachen Abschnitte teilweise bereits viele Kilometer vor dem eigentlichen Strand beginnen, können sie daher schon früh in flaches Wasser geraten, welches eine weitere Orientierung unmöglich macht. Wenn die Pottwale also in die flache Nordsee geraten, verlieren sie jegliche Orientierung und stranden.

Die vorrangige Frage ist demnach: Warum schwimmen die Pottwale überhaupt in die flache Nordsee, wo sie sich nicht mehr orientieren können?

Eine Hypothese verfolgt den Zusammenhang zwischen Sonnenfleckenmaxima und Strandungshäufigkeit. In einer Studie aus dem Jahre 2007 von G.J.Pierce
(G.J.Pierce, M.B.Santos,C.Smeenkc,-Historical trends in the incidence of strandings of sperm whales on the North Sea coats , Fisheries Research 87 (2007) 219- 228)
wurden Pottwalstrandungen von 1702 bis 2003 ausgewertet und mit den Sonnenfleckenmaxima verglichen, ohne dass bei diesen Ereignissen vermehrte Strandungen registriert werden konnten. Auch bei diesen 29 Pottwal Strandungen vom 9.1. bis 4.2.2016 können wir die Aktivitäten der Sonnenfleckenmaxima vollkommen ausschließen. Denn auf der Internetseite: www./eterna.sl/-sonne-aktuelle-werte sind aktuelle Sonnen Aktivitäten abrufbar.

Allerdings gab es in der gleichen Studie von G.J.Pierce zufolge vermehrt Pottwal Strandungen, wenn es zu einer positiven Abweichung der durschnittlichen Wassertemperatur des Nordatlantik gekommen ist. Hierzu wurden die Temperaturauswertungen der NOAA, der amerikanischen “National Oceanic and Atmospheric Administration“ von 1700 bis 2003 herangezogen.

Die Betreiber beschreiben sogar:

Wir haben den schwächsten Sonnenzyklus seit 100 Jahren .Der aktuelle Sonnenzyklus (24. Zyklus) gibt vielen Forschern Rätsel auf. Er war der schwächste Zyklus der vergangenen hundert Jahre mit einigen ungewöhnlichen Veränderungen. Hintergrund: Im Durchschnitt sollten sich während eines Sonnen-Maximums pro Monat zwischen 90 und 140 Sonnenflecken auf der Sonnenoberfläche zeigen. Im frühen 20. Jahrhundert lag die Zahl der Sonnenflecken sogar bei 200. In diesem Jahr sank der Mittelwert nach Daten der NASA auf schwache 67 Flecken pro Monat.

In den Jahren mit einem Temperaturanstieg um bis zu einem Grad Celsius kam es demnach zu vermehrten Strandungen. Lagen die Temperaturen dagegen unter der durchschnittlichen Wassertemperatur, konnte keine Zunahme der Strandungen registriert werden. Bei Pottwalen, deren Mageninhalt untersucht wurde, fand man hauptsächlich die relativ kleine Kalamarart Gonatus fabricii.
Dr. Uwe Piatkowski, Marine Ökologie GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, bestätigte uns auf Grund unserer Nachfrage, dass Gonatus fabricii bei weitem der wichtigste Kalmar ist, der von den Pottwalen im nordöstlichen Atlantik gefressen wird.

Dieser Kalmar kommt jedoch nicht in der Nordsee vor, doch könnte es sein, dass er bei wärmeren Wassern weiter südlich als gewöhnlich anzutreffen ist und die Wale daher bei ihren Wanderungen aus dem Norden in Richtung Süden auf eine falsche Fährte führt.

In unserem Buch leider ausverkauft und vergriffen!

„Wale- hautnah“

im Kapitel …:

„Aufgelaufen- das Jahrtausende alte Rätsel der Walstrandungen“

… berichten wir ausführlich über dieses Thema. Auf Grund der nun angehäuften Pottwal Strandungen machten wir uns auf die Suche nach aktuellen Wasser Temperaturen der Nordsee. Fündig wurden wir dabei im Internet beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie.

www.bsh.de/

Und wir fanden Erstaunliches: Denn am 30.12. und 31.12.2015 fegte ein starker Sturm im Nordatlantik Namens „Frank“.

Die Presse berichtete dazu folgendes:

www.spiegel.de/sturm-frank

Im Nordatlantik zieht gefährliches Wetter auf:

Ein extremer Tiefdruckwirbel schaufelt warme Luft zum Nordpol - dort wird es 30 Grad wärmer als üblich. Der Wind beschleunigt auf Hurrikanstärke, es droht riesiger Wellengang. Starke Stürme sind normal im Nordatlantik, zumal im Winter. Derzeit jedoch braut sich Besonderes zusammen. Der Luftdruck werde dort in den kommenden Stunden auf rund 920 Millibar absacken, berichten Wetterdienste - ein Extremwert, Durchschnitt sind etwa tausend.

Entsprechend kräftig saugt die Region Luft an. Zwei benachbarte riesige Tiefdruckgebiete dürften den Windvorhersagen zufolge auf Hunderten Kilometern Breite auf Hurrikanstärke beschleunigen. Besonders. Die Warmluft hat die Temperatur am Nordpol bereits bis auf null Grad getrieben. Eine Wetterstation auf einer Boje 500 Kilometer vom Pol entfernt habe am Mittwochvormittag mitteleuropäischer Zeit genau null Grad angezeigt, berichtete Meteorologe Adrian Leyser vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Eine andere Boje in 330 Kilometern Entfernung habe minus ein Grad angezeigt. Damit liege das Temperaturniveau etwa 30 Grad über dem normalen Wert in dieser Region zu dieser Jahreszeit.
„Ungewöhnliche Warmluftvorstöße bis in die Polregion gebe es im Winter immer mal, aber dieser ist schon sehr ungewöhnlich, sagte Leyser. ​

These charts represent forecasts of Mean Sea Level Pressure (MSLP) and Wind speed at 850 hPa, or geopotential height at 500hPa and temperature at 850hPa. all from the ECMWF high resolution forecast (HRES). Select which using the parameter drop down menu (grey box). These charts represent forecasts of Mean Sea Level Pressure (MSLP) and Wind speed at 850 hPa, or geopotential height at 500hPa and temperature at 850hPa. all from the ECMWF high resolution forecast (HRES). Select which using the parameter drop down menu (grey box).

Frank/ Satellitenbild/ 30.12.15 Sturm Frank/ Satellitenbild/ 30.12.15

Hat der Sturm nun dazu beigetragen die Wassertemperaturen im Atlantik und der Nordsee zu erhöhen?

Laut Aussage des Bundesamt für Seeschiffart und Hydrographie lagen die Temperaturen der Nordsee vor Schottland und England Ende Dezember 2015 um etwas mehr als 1 Grad höher als in den Jahren zuvor.

Auszug des Bundesamt für Seeschiffahrt:

„Das monatliche Mittel des Wärmeinhaltes kann in die mittlere Temperatur des gesamten Nordseevolumens, einschließlich der oberflächennahen Schichten, umgerechnet werden und so mit der mittleren monatlichen Oberflächentemperatur der Nordsee verglichen werden. Die mittlere Oberflächentemperatur ist durch die Nähe des Oberflächenwassers zur Energiequelle, der Sonne, deutlich wärmer als der Mittelwert des gesamten Wasservolumens. Die gemeinsamen Winterwerte zeigen, dass die Wassersäule der Nordsee vertikal durchmischt wird, wenn sich das Oberflächenwasser zur Wintersaison ausreichend abgekühlt hat. Dabei werden die tieferen Wasserschichten unter anderem mit Sauerstoff versorgt. Mit zunehmendem Energieeintrag im Frühling bildet sich dann wieder eine Temperaturschichtung aus und die mittleren Temperaturen erhöhen sich entsprechend Stärke und Dauer des Energieeintrages.“

Da die männlichen Pottwale zu diesen Jahreszeiten ihre Wanderungen vom hohen Norden in Richtung wärmere Gewässer zu den weiblichen Pottwalen aufnehmen, geraten somit nur Pottwalbullen in die Nordsee. Normalerweise leben die ausgewachsenen geschlechtsreifen Bullen solitär. Aber die noch unerfahrenen Jungbullen, die noch keine Erfahrungen bei den Wanderungen haben, schließen sich dann zu Junggesellengruppen zusammen. Bei diesen Wanderungen müssen sie erst hinter Schottland links abbiegen, um dann im Atlantik ihre Route fortzusetzen.
Biegen sie jedoch vorher ab, geraten sie in die Nordsee.

Ende Dezember hatte die Nordsee vor Schottland eine Wassertemperatur von über 10 Grad. Normal um diese Jahreszeit sind 8-9 Grad!

S. nahestehende Tabellen:

Wassertemperatur Ende Dezember 2015

Wassertemperatur Ende Dezember 2014

Wassertemperatur Ende Dezember 2013

Der Sturm herrschte am 30.Dezember und 31.Dezember 2015. Neun Tage später strandeten die ersten Wale an der deutschen Küste. Der Zeitpunkt zum durchschwimmen der Nordsee nach dem falschen abbiegen bis zur Strandung könnte ausreichend sein.

Die Wassertemperatur war zu diesem Zeitpunkt weit höher als normal. Dabei handelt es sich nicht um eine anhaltende globale Meereserwärmung, sondern um eine kurzzeitige Temperatur Anomalie.

Sind die Wale also durch den Sturm und der damit erhöhten Wassertemperatur ihrem Futter gefolgt, welches sich durch dieses Wetter Phänomen weiter südlich als bisher befand?

Die Daten decken sich zumindest mit der Hypothese der Studie aus dem Jahre 2007. Interessant wäre jetzt den Mageninhalt dieser gestrandeten Pottwale zu erforschen. Würde man die Kalamarart Gonatus fabricii darin finden, wäre es weiterer Beweis für den Zusammenhang von Wassertemperaturen und Strandungen.

16. Februar 2016 Ergänzung zu unserem o.g. Beitrag:
Im Februar 2016 haben sich Experten unserer Hypothese angeschlossen und dies als mögliche Ursache für die Strandungen angegeben. s. Artikel aus der Welt: Rätselhafter Tod … Gestrandete Wale waren weder krank noch ausgehungert.


Danke auch an Malte-Christian Wennrich für dieses emotionale Klagelied.

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