Diese Frage haben sich sicherlich viele Menschen gestellt, nach dem innerhalb kürzester Zeit 29 Pottwale im Januar und Februar 2016 an der Deutschen-, Holländischen, Französischen und der Küste Großbritanniens gestrandet sind.
Ein Einzelfall? Sicher nicht, denn Walstrandungen hat es schon immer gegeben, aber warum gibt es in jüngster Zeit so viele? Sind es wirklich mehr als früher oder nehmen wir sie nur häufiger durch die modernen Medien zur Kenntnis? Bereits bei unseren Recherchen zu unserem ersten Buch „Pottwale-im dunklen Blau des Meeres“ stießen wir auf alte Dokumente und Stiche, in denen von gestrandeten Walen an unseren Küsten die Rede ist. Und diese Strandungen wurden auch vielfach illustriert.
Seit es Wale gibt, können wir auch weltweit von Strandungen ausgehen. So hat man in einer Sandwüste in den Anden 2 000 Meter über dem heutigen Meeresspiegel gut erhaltene Walüberreste aus dem Miozän gefunden. Auch in Deutschland hat man Überreste von Vorfahren der heutigen Wale und Delfine gefunden.
Pottwale gehören zur großen Ordnung der Zahnwale. Zur Orientierung und zum Auffinden der Beute benutzen sie die Echolokation. Laute werden ausgesandt und aus der Dauer, der Stärke und der Richtung der zurückkehrenden Schallwellen können die Tiere sich ein Bild der Umgebung machen. Daher ist die Navigation im flachen Wasser für diese Art besonders schwierig. Tatsächlich haben Strände und Sandbänke an denen sie verenden gewisse Ähnlichkeiten. Der Grund fällt meist sanft ab und es befinden sich Landzungen oder Inseln in der Nähe, die ihnen möglicherweise ein falsches Bild von der tatsächlichen Umgebung vermitteln.
Mit Hilfe von Modellen solcher Küstenabschnitte konnten Wissenschaftler in einer Studie nachweisen, dass die zurückgeworfenen Echos den Walen eine viel größere Entfernung anzeigen würden, als tatsächlich der Fall war. Da die flachen Abschnitte teilweise bereits viele Kilometer vor dem eigentlichen Strand beginnen, können sie daher schon früh in flaches Wasser geraten, welches eine weitere Orientierung unmöglich macht. Wenn die Pottwale also in die flache Nordsee geraten, verlieren sie jegliche Orientierung und stranden.
In den Jahren mit einem Temperaturanstieg um bis zu einem Grad Celsius kam es demnach zu vermehrten Strandungen. Lagen die Temperaturen dagegen unter der durchschnittlichen Wassertemperatur, konnte keine Zunahme der Strandungen registriert werden. Bei Pottwalen, deren Mageninhalt untersucht wurde, fand man hauptsächlich die relativ kleine Kalamarart Gonatus fabricii.
Dr. Uwe Piatkowski, Marine Ökologie GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, bestätigte uns auf Grund unserer Nachfrage, dass Gonatus fabricii bei weitem der wichtigste Kalmar ist, der von den Pottwalen im nordöstlichen Atlantik gefressen wird.
Dieser Kalmar kommt jedoch nicht in der Nordsee vor, doch könnte es sein, dass er bei wärmeren Wassern weiter südlich als gewöhnlich anzutreffen ist und die Wale daher bei ihren Wanderungen aus dem Norden in Richtung Süden auf eine falsche Fährte führt.
Ein extremer Tiefdruckwirbel schaufelt warme Luft zum Nordpol - dort wird es 30 Grad wärmer als üblich. Der Wind beschleunigt auf Hurrikanstärke, es droht riesiger Wellengang. Starke Stürme sind normal im Nordatlantik, zumal im Winter. Derzeit jedoch braut sich Besonderes zusammen. Der Luftdruck werde dort in den kommenden Stunden auf rund 920 Millibar absacken, berichten Wetterdienste - ein Extremwert, Durchschnitt sind etwa tausend.
Entsprechend kräftig saugt die Region Luft an. Zwei benachbarte riesige Tiefdruckgebiete dürften den Windvorhersagen zufolge auf Hunderten Kilometern Breite auf Hurrikanstärke beschleunigen. Besonders. Die Warmluft hat die Temperatur am Nordpol bereits bis auf null Grad getrieben. Eine Wetterstation auf einer Boje 500 Kilometer vom Pol entfernt habe am Mittwochvormittag mitteleuropäischer Zeit genau null Grad angezeigt, berichtete Meteorologe Adrian Leyser vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Eine andere Boje in 330 Kilometern Entfernung habe minus ein Grad angezeigt. Damit liege das Temperaturniveau etwa 30 Grad über dem normalen Wert in dieser Region zu dieser Jahreszeit.
„Ungewöhnliche Warmluftvorstöße bis in die Polregion gebe es im Winter immer mal, aber dieser ist schon sehr ungewöhnlich“, sagte Leyser.
Ende Dezember hatte die Nordsee vor Schottland eine Wassertemperatur von über 10 Grad. Normal um diese Jahreszeit sind 8-9 Grad!
S. nahestehende Tabellen:Der Sturm herrschte am 30.Dezember und 31.Dezember 2015. Neun Tage später strandeten die ersten Wale an der deutschen Küste. Der Zeitpunkt zum durchschwimmen der Nordsee nach dem falschen abbiegen bis zur Strandung könnte ausreichend sein.
Die Wassertemperatur war zu diesem Zeitpunkt weit höher als normal. Dabei handelt es sich nicht um eine anhaltende globale Meereserwärmung, sondern um eine kurzzeitige Temperatur Anomalie.
Sind die Wale also durch den Sturm und der damit erhöhten Wassertemperatur ihrem Futter gefolgt, welches sich durch dieses Wetter Phänomen weiter südlich als bisher befand?
Die Daten decken sich zumindest mit der Hypothese der Studie aus dem Jahre 2007. Interessant wäre jetzt den Mageninhalt dieser gestrandeten Pottwale zu erforschen. Würde man die Kalamarart Gonatus fabricii darin finden, wäre es weiterer Beweis für den Zusammenhang von Wassertemperaturen und Strandungen.
16. Februar 2016 Ergänzung zu unserem o.g. Beitrag:
Im Februar 2016 haben sich Experten unserer Hypothese angeschlossen und dies als mögliche Ursache für die Strandungen angegeben. s. Artikel aus der Welt: Rätselhafter Tod … Gestrandete Wale waren weder krank noch ausgehungert.