Plastikmüll im Meer
Unsere Tomaten töten Pottwale!
Eine provokante Aussage, aber sie könnte wahr sein, denn am 28. März 2012 wurde ein 10 m langer männlicher Pottwal tot an einem Strand in Spanien gefunden, in der Nähe von Castell de Ferro (Granada).
Der Wal wog nur rund 4,5 t und sah stark abgemagert aus. Es gab keine Hinweise auf eine Verstrickung in einem Netz. Narben oder andere Verletzungen waren auch keine zu sehen. Wenige Tage später, am 2.April 2012, untersuchten Wissenschaftler aus Spanien das Tier, indem sie den Wal aufschnitten und die Bauchhöhle untersuchten. Zuerst fand man keine Auffälligkeiten, denn im Dünndarm und Magen wurden zunächst die erwarteten Tintenfischschnäbel gefunden.
(Renaud de Stephanis, et al. As main meal for sperm whales: Plastics debris. Mar. Pollut. Bull. (2013), http://dx.doi.org/10.1016/j.marpolbul.2013.01.033).
Danach gibt es vor der südspanischen Küste zwei Gebiete, in denen regelmäßig Pottwale gesichtet werden. Dies ist Gegend bis Gibraltar und in den Gewässern vor Almeria, Murcia und Granada. In dieser Gegend sind in den letzten Jahren gewaltige Flächen mit Gewächshäusern bedeckt worden, die aufgrund des günstigen Winterklimas billiges Obst und Gemüse für den europäischen Markt produzieren.
Alles aus Plastik
Allein in Almeria wurden 2005 auf 25 900 ha Kulturpflanzen in Gewächshäusern angebaut. Durch die Erfolge dehnten sich im Verlauf die bedeckten Flächen bis nach Murcia und Granada aus. In diesen Gewächshäusern werden diverse Arten von Plastik verwendet. Dies fängt bei den Blumentöpfen aus schwarzem Plastik an, geht über schwarze Abdeckfolien, die das Unkraut niedrig halten sollen, über unterschiedlichste Kleinmaterialien zur Kennzeichnung und Verpackung bis hin zu den gewaltigen transparenten Abdeckungen für die Gewächshäuser selbst. Das Problem besteht darin:
… dass es bisher keine Vorschriften zur Entsorgung der gewaltigen Plastikmengen gibt. So landet vieles davon im Meer!
Sei es durch den Wind, durch Unachtsamkeit oder vielleicht auch der billigen Entsorgung wegen. Unzählige Seetiere sind von diesem Müll betroffen. So hat man dieses Plastik in den Mägen von Seevögeln, Schildkröten, Fischen, Krabben, Delfinen und nun auch Walen gefunden.
Wie kommt Plastik in den Pottwal-Magen?
Wie allerdings der gestrandete Pottwal das Plastik aufgenommen hat, konnte nicht geklärt werden. Pottwale jagen ja nur in großen Tiefen nach Ihrer Beute und fressen nicht an der Wasseroberfläche. Es ist aber unwahrscheinlich, dass das meist leichte Plastik bis in große Tiefen gesunken ist, in denen die Pottwale jagen. Es ist daher zu vermuten, dass er es an oder Nahe der Oberfläche geschluckt hat. Wir haben schon oft beobachtet, dass sie mit geöffnetem Maul an der Oberfläche schwimmen. Der Grund dafür ist bisher nicht bekannt.
Da der Pottwal nach vorne aufgrund der weit hinten am Kopf befindlichen Augen nur schlecht sieht, kann sich daher leicht ein größeres Stück Plastik in seinem Maul verfangen haben. Da er es nicht mehr loswerden konnte, wurde es beim Schwimmen immer weiter ins Maul gedrückt, bis er es schließlich verschluckt hat und dadurch die weitere Zufuhr von Nahrung in den Magen blockiert wurde.
Neben diesem großen Stück wurden unter anderem noch ein Spülwasser Kunststofftopf, ein Kleiderbügel, eine kleine Matratze, eine Kunststoff-Karaffe, ein Eisbecher, eine Sprayflasche und eine Tasche im Magen-Darmtrakt gefunden. Es ist davon auszugehen, dass auch die anderen Pottwale in dieser Gegend hochgradig mit Plastikmüll kontaminiert sind.
Die Studie kommt zu der dringenden Empfehlung, ein umfassendes Management für die Plastikwirtschaft in dieser Gegend einzurichten und den nicht recycelbaren Kunstsoff durch umweltverträgliche Materialien zu ersetzen.
Plastik als unsichtbare Gefahr!
Die Frage die sich dabei natürlich auch stellt ist: Landet solch ein Plastikmüll aus den Meeren auch irgendwann einmal auf unseren Tellern?
Davon ist auszugehen, denn das sogenannte Mikroplastik (Kunststoffpartikel die kleiner sind als 5 mm) wird von Meeresbewohnern oft mit Futter verwechselt und gelangt über Plankton, Muscheln und Fische in die Nahrungskette, an deren Ende der Mensch steht. Und nicht nur durch das Verspeisen von Muscheln oder Fisch können wir Plastikteilchen mit aufnehmen. Denn Wissenschaftler schlagen mittlerweile Alarm, dass Plastikverpackungen Chemikalien enthalten die auf Lebensmittel übertragen werden. Salatgurken in Folie, Tomaten in Kunststoffschalen und selbst Milchprodukte, Fleisch, Fisch und Brot, alles ist mit Plastik umhüllt. Dies hat natürlich praktische Gründe, denn Plastik schützt die Nahrung vor Schmutz und Keimen und verhindert das schnelle Verderben der Ware. Doch diese Plastikverpackungen enthalten bestimmte Chemikalien, die verdampfen oder abgerieben werden können. So entweichen sie aus der Verpackung und werden auf die Lebensmittel übertragen.
Frau Marike Koloss vom Bundesumweltamt erklärt hierzu folgendes:
In Plastik verpackte Wurst-und Käseprodukte können Weichmacher und Bisphenol A (BPA) enthalten und unsere Gesundheit gefährden. Jeder Mensch, der hier in Deutschland lebt, ist tatsächlich mit diesen Stoffen belastet.
Die nächste Überschrift könnte demnach auch lauten:
Unsere Tomaten töten uns! (nicht nur Pottwale)
Unserer Umwelt und Gesundheit zu Liebe, verzichtet auf Plastik!
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